Archäologen haben in Neufahrn eine etwa 1200 Jahre alte Siedlung entdeckt. Knapp 100 Meter westlich der heutigen Pfarrkirche Heilig Geist und St. Wilgefortis stießen sie bei bauvorgreifenden Untersuchungen im Bereich des ehemaligen Pfarrhofes auf eine frühmittelalterliche Siedlung des 7. bis 9. Jahrhunderts n. Chr. Neben einem Langhaus wurden die Reste von Grubenhäusern, Brunnen und mehreren Bestattungen aufgedeckt. Ganz ähnliche Befunde hatten sich schon 2018 bei einer Ausgrabung auf dem benachbarten Flurstück gezeigt.
Landrat Helmut Petz und Bürgermeister Franz Heilmeier ließen sich vor Ort die Spuren des alten Neufahrn zeigen. „Archäologie begeistert mich. Wenige Zentimeter unter der Erdoberfläche entdecken wir verborgene Welten, die uns unsere kulturellen Wurzeln unmittelbar vor Augen führen“, sagte Landrat Petz. Kreisarchäologin Delia Hurka und die Grabungsleiter Sikko Neupert, Bernhard Grün und Bianca Grün führten die interessierten Politiker zusammen mit dem ortskundigen Vorsitzenden des Heimat- und Geschichtsvereins Neufahrn, Ernest Lang, über die Fläche, auf der noch zahlreiche Relikte der über Tausend Jahre alten Siedlung erhalten sind.
Zu sehen sind die Pfostengruben eines größeren Langhauses sowie zwölf Grubenhäuser. Diese wurden teilweise in den Boden eingetieft, so dass man beim Eintreten erst ein paar Stufen in die Tiefe steigen musste, bis der Fußboden erreicht war. In dem feuchteren, kühleren Raumklima konnten Vorräte besser gelagert werden, aber auch für die Herstellung von Textilien z.B. auf Gewichtswebstühlen oder für andere Handwerkszweige eigneten sich diese Häuser. In der Nachbarfläche wurden zahlreiche Schlackenreste als Zeugen der Metallverarbeitung sichergestellt. Es handelte sich also nicht nur um eine Wohn-, sondern auch um eine Handwerkssiedlung.
Ebenfalls in das Bild dieser Zeit passen drei beigabenlose, west-ost-ausgerichtete Bestattungen. Es handelt sich um eine Frau und zwei Männer, die als Hofgrablegen mitten im Siedlungsbereich beigesetzt worden waren. Erst mit Beginn des frühen Mittelalters setzten sich langsam die christlichen Glaubensvorstellungen und damit verbundene, nach West-Ost ausgerichtete Körperbestattungen in gestreckter Rückenlage durch. Im weiteren Verlauf des Mittelalters verlagerten sich dann die Friedhöfe hin zu den frühen Ortskirchen. Bemerkenswert ist die Lage zweier Verstorbener, deren Kopf und Füße deutlich höher lagen als der mittlere Körperbereich. Vielleicht wurden sie auf einem Totenbrett beigesetzt und rutschten nach dessen Verrottung in darunterliegendes, lockereres Erdreich nach.
Besonders interessierten sich Petz und Heilmeier für eine weitere, vierte Bestattung. Der ca. 20 bis 30-jährige Mann konnte während ihres Besuchs zwischen den frühmittelalterlichen Häusern aufgedeckt werden. Einige empfindliche Funde, darunter eine eiserne Gürtelschnalle, wurden bereits zur Erstversorgung in die Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege gebracht. Die gefundenen Siedlungsspuren gehörten sicher zum Kern des im Jahre 804 erstmals genannten Neufahrn („Niwiwara“), aus dem sich der Standort der heutigen Gemeinde entwickelte.
Skelett in Moosburg auf dem Plan gefunden
Unterdessen wurde auch in Moosburg erneut ein Skelett gefunden. Seit Beginn dieser Woche laufen die Bauarbeiten zur Erneuerung der Wasserleitung auf dem Plan. Schon auf den ersten Metern dokumentierten die Archäologen Reste von zwei Öfen und eine spätmittelalterliche Grube. Am Mittwoch trat dann auch ein erstes Skelett im Schacht zu Tage. Die Grabgrube lag fast vollständig in der Flucht des Leitungsgrabens und so konnte das Skelett im Ganzen geborgen werden. „Die Knochen sind sehr gut erhalten. Sogar Kniescheibe, Brustbein und Schulterblätter sind noch da, das kommt sehr selten vor“, sagte Grabungsleiterin Bianca Grün. Im Schulterbereich fanden die Archäologen ein kleines Bronzefragment, dessen Funktion noch unbekannt ist. „Es handelt sich vermutlich um einen jungen Menschen, etwa aus dem 16. Jahrhundert.“ Genaue Untersuchungen aber übernimmt eine Antropologin.
Überraschend war der Fund nicht, da sich schon 2018 bei der Ausgrabung auf dem Plan ganz ähnliche Befunde zeigten: Öfen, Bestattungen und Gruben, die auf eine intensive, Jahrhunderte lange Nutzung des Platzes auch schon vor dem 13. Jahrhundert und bis ins Spätmittelalter und die frühe Neuzeit belegten. Viele Strukturen ließen sich mit den Umbauphasen der Pfarrkirche zu Beginn des 13. Jahrhunderts und dem Ausbau im Spätmittelalter zusammenbringen. „Wir erwarten also auch im Verlauf des Wasserleitungsbaus noch zahlreiche, weitere Spuren aus der Moosburger Vergangenheit“, sagt Kreisarchäologin Hurka.
Die Entdeckung und Dokumentation der Bestattung ist der baubegleitenden, archäologischen Untersuchung zu verdanken. Im Akkord werden dabei zwischen den zügig voranschreitenden Bauarbeiten Befunde freigelegt, dokumentiert, gezeichnet, fotografiert und Funde sachgerecht geborgen. Die Zusammenarbeit zwischen Baggeraushub, archäologischer Dokumentation, Bergung, Verlegung der Wasserleitung, Verfüllung und Verschluss des Schachtes läuft dabei wie am Fließband.