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Heimatgeschichten

„Heimatgeschichten – den Landkreis kennen lernen“ heißt eine Serie, die die Geschichte des Landkreises Freising in Erinnerung rufen will. Im monatlichen Rhythmus werden hier auf der Homepage des Landratsamts Freising Beiträge zu finden sein.

 

Der Landkreis Freising ist eine reiche Kulturlandschaft, die in Jahrtausenden von ihren Bewohnern geschaffen wurde. Uralte Siedlungen, historisch bedeutende Ereignisse, interessante Persönlichkeiten und eine vielfältige Landschaft prägen unseren Landkreis.

 

Kreisarchäologin Delia Hurka und Kreisheimatpfleger Bernd Feiler stellen in der neuen Serie die Zeugnisse dieses Reichtums vor: Archäologische Funde, Kunstwerke, Archivstücke und Fotografien veranschaulichen die Geschichte, vergegenwärtigen wichtige Ereignisse und erinnern an bedeutende Personen des Landkreises Freising.


Aus der Bibliothek der Heimatpflege

Von Neustift nach Los Angeles: Von der weiten Wanderschaft eines Freisinger Gemäldes

von Kreisheimatpfleger Dr. Bernd Feiler

 

Kein geringerer als Peter Paul Rubens schuf 1625 das Hochaltarbild des Freisinger Domes „Die Apokalyptische Frau“. Bis 1803 besaß das Kloster Neustift eine Farbskizze des Gemäldes. Diesen Entwurf hatte Rubens 1623 seinem Auftraggeber, dem Freisinger Bischof Veit Adam von Gepeck, als Orientierungshilfe geschickt. Das Bild ist heute im J. Paul Getty Museum in Los Angeles-Brentwood zu sehen.  Dorthin ist es nach einer langen, fast 180 Jahre währenden Reise mit Stationen in München, London, Hamburg, Budapest, Paris und Zürich gekommen. Zum Teil illustre Persönlichkeiten waren zeitweise Besitzer des Bildes.

 

Die Isar hinauf nach München

 

Am 19. April 1803, vier Tage vor der offiziellen Aufhebung der Prämonstratenserabtei Neustift, durchstreifte Georg von Dillis die Räume des Klosters und erstelle ein genaues Verzeichnis aller sich dort befindenden Gemälde und Grafiken.

 

In den Zimmern des Abtes, dem heutigen Büro des Landrates, fiel ihm wohl sofort eine Ölskizze mit der Darstellung der „Apokalyptischen Frau“ von Peter Paul Rubens auf. Dillis hielt das auf einer Holztafel gemalte kleinformatige Bild für eine Kopie eines unbekannten Malers und taxierte es dementsprechend mit nur einem Gulden. Wie zahlreiche andere Bilder und Grafiken verließ die Tafel das Kloster Neustift in Richtung München. Dort wurde es im August 1804 gemeinsam mit weiteren Neustifter Kunstwerken auf einer Auktion angeboten. Es fand sich jedoch kein Interessent für das Gemälde, deshalb erwarb im Nachverkauf der aus Frankreich stammende Kunsthändler Nathan das Gemälde. Er hatte wohl die Qualität der Malerei und die Urheberschaft der Rubens Werkstatt sofort erkannt.

 

Die Reise über den Ärmelkanal

 

Vermutlich fand Nathan schon bald einen interessanten Käufer für die Ölskizze:  Kurze Zeit später besaß nämlich der berühmte amerikanische Maler Benjamin West das Rubensgemälde aus Neustift. West war 1763 in London sesshaft geworden und hatte dort als Künstler großen Ruhm erworben. Viele Jahre stand er der Royal Academy of Arts als Präsident vor. Nach Wests Tod erstand aus dessen Nachlass ein gewisser Mr. Baker das Neustifter Rubens Bild. Es folgten Zwischenstationen in unbekannten Privatsammlungen, bis der irische Politiker und Großgrundbesitzer Edmund Maghlin Blood die Ölskizze 1868 für seine Kollektion kaufte. Blood war ein Nachfahre des berüchtigten Thomas Blood, der einst versucht hatte, die englischen Kronjuwelen zu stehlen.

 

Von der Alster an die Donau und zur Seine

 

Noch zu Lebzeiten veräußerte 1887 Edmund Blood die Ölskizze aus Neustift durch die Vermittlung Wilhelm von Bodes an den Hamburger Unternehmer und Kunstfreund Eduard Weber, der die größte Gemäldesammlung alter Meister in Deutschland besaß. Weber ließ sein Wohnhaus an der Alster im Hamburger Stadtteil St. Georg um ein Privatmuseum erweitern, das als „Galerie Weber“ öffentlich zugänglich war. Deren Bestand kam 1912 unter den Hammer, denn die Stadt Hamburg hatte sich nicht entschließen können, die Sammlung des mittlerweile verblichenen Weber anzukaufen. Für 55.000 Mark ersteigerte nun der ungarische Finanzmagnat und Kunstliebhaber Marczell de Nemes „Die Apokalyptische Frau“ aus Neustift. Diese erfreute de Nemes aber nur kurze Zeit. Finanzielle Engpässe zwangen ihm zum baldigen Verkauf des Bildes über den Pariser Kunsthandel. Und so bereicherte ab 1917 das Gemälde Rubens die Kunstsammlung des venezianischen Unternehmers Federico Gentili di Giuseppe. Dieser residierte zu Paris in einem Palais an der Avenue Forch. 

 

Nach nur zwei Jahren ging das Gemälde erneut auf Wanderschaft, blieb aber an der Seine. Der neue Besitzer hieß jetzt Bousquart, seine genaue Identität ist bislang noch nicht entdeckt. Vielleicht war er Kunsthändler oder Privatsammler.

 

Am Ufer der Limmat

 

Bousquart bot 1938 das Neustifter Rubensbild dem international agierenden Verleger und Kunsthändler Walter Feilchenfeld an. Dieser war vor den Nationalsozialisten in die Schweiz geflohen und führte von Zürich aus seinen Kunsthandel. Vermutlich zählte dort der Industrielle Alfred Hausammann zu seinen Kunden. Hausammann war einer der führenden Textilunternehmer der Schweiz und ein leidenschaftlicher Kunstsammler. Über 40 Jahre verbliebt das Rubensbild im Besitz der Familie Hausammann. Walter Feilchenfeld Junior vermittelte dann 1984 den Verkauf des Rubens Gemäldes an das Getty Center in Los Angeles.

 

Über den großen Teich

 

Das im dortigen Nobelquartier Brentwood gelegene Kunstmuseum bewahrt heute die Tafel aus dem Freisinger Stadtteil Neustift. Das Gemälde trägt die Inventarnummer 85.PB.146 und kann unentgeltlich in der Ostgalerie des Museums besichtigt werden. Aus einer Augenweide für aristokratische und bürgerliche Sammler ist damit ein Kunstwerk für alle geworden.

 

 

Foto: Paul Getty Museum, Los Angeles


Aus der Bibliothek der Heimatpflege

Tragischer Tod in den Marzlinger Isarauen: Alter Bildstock erinnert an einen schrecklichen Arbeitsunfall

von Kreisheimatpfleger Dr. Bernd Feiler

Im Landkreis Freising finden sich zahlreiche Flurdenkmäler, die man als Wegkreuze, Bildstöcke oder Marterl bezeichnet. Sie regen zur Andacht an, künden als Zeichen der Dankbarkeit von einer überwundenen Notlage oder erinnern an einen Unglücksfall. Ein geheimnisvoller Gedenkstein verbirgt sich bei Marzling am südlichen Isardamm. Der Freisinger Altphilologe Richard Schnell hat dessen Geschichte enthüllt und die Kreisheimatpflege auf den Bildstock aufmerksam gemacht.

 

Ein Fußweg führt von der Isarstraße aus zwischen den Flüsschen Angerbach und Goldach etwa 800 Meter durch die Isarau. Dort steht an einer Wegschleife ein stark verwitterter Steinobelisk. Auf seiner Nordseite informiert eine ovale Inschriftenplatte knapp über ein trauriges Ereignis: „Hier verunglückte Hans Sedlmayr am 24. Juni 1909“. Über dem Text ist ein zuckender Blitz eingraviert. Dieses Motiv führte lange zu der Annahme, Sedlmayr sei von einem Blitz erschlagen worden. Was sich aber tatsächlich im Frühsommer vor über 100 Jahren an dieser Stelle zugetragen hatte, berichteten damals die Zeitungen: Der 37-jährige Johann Martin Sedlmayr, der als Elektromonteur beim Elektrizitätswerk in München arbeitete, war mit zwei Helfern damit beschäftigt, die vom Moosburger Wasserkraftwerk Uppenborn I in die Landeshauptstadt führende Starkstromleitung zu reparieren. Die Leitung war unterbrochen und stromlos. Nach Abschluss der Arbeiten gab Sedlmayr nach Moosburg telefonisch die Anweisung, den Strom wieder durchzuleiten. Der Elektromonteur warnte seine Helfer vor dem wieder fließenden Strom und gab ihnen Anweisung, die Isolatoren zu beobachten. Daraufhin wandte er sich um und kam versehentlich mit der stromführenden Leitung in Berührung. Johann Sedlmayr war augenblicklich tot. Tragischerweise ereignete sich dieses Unglück an Sedlmayrs Geburtstag. Seine Frau und zwei gemeinsame Kleinkinder warteten an diesem Abend in der Münchner Arndtstraße vergeblich auf die Rückkehr des Familienvaters. Es war eine kleine Feier geplant, Sedlmayr hatte nämlich am 24. Juni Namens- und Geburtstag.

 

Stromleitungen wurden in dieser Zeit häufig durch Vandalismus beschädigt. Jugendliche warfen gerne Steine auf Hochspannungsleitungen oder zielten mit Geschossen auf sie. Der explosionsartige Knall und die sprühenden Funken gaben wohl damals manchen Heranwachsenden den notwendigen Kick. Und so warnte die Freisinger Zeitung angesichts des Unglücksfalles in den Isarauen ausdrücklich vor den fatalen Folgen derartiger Sabotageakte. Eltern wie Lehrer wurden aufgerufen, die Jugend darüber aufzuklären.

 

Wer den Obelisken für Johann Sedlmayr errichten ließ, ist bislang nicht bekannt. Waren es Verwandte, Kollegen oder gar der Arbeitgeber? Der Bildstock steht auf Marzlinger Gemeindegebiet, die Zuständigkeiten bedürfen der Klärung. Die Denkmalschutzbehörde hat das Flurdenkmal noch nicht entdeckt, in der Denkmalliste findet sich kein entsprechender Eintrag.

 

Der Gedenkstein ist in einem schlechten Zustand. Starke Verwitterung beeinträchtigt seine Oberfläche, die Inschrift ist kaum noch lesbar. Außerdem müsste die Standsicherheit des Steines überprüft werden. Vielleicht findet sich ein Weg, den Obelisken zu restaurieren. Schließlich ist er ein wichtiges heimatgeschichtliches Denkmal, das an die historische Stromtrasse erinnert, mit der einst München von Moosburg aus mit Elektrizität versorgt wurde. Der Bildstock gibt darüber hinaus Zeugnis von einem tragischen Schicksal, dass vor 112 Jahren an dieser Stelle einem Mann widerfahren ist. Und das macht den Gedenkstein umso wertvoller.

   


Aus dem Bildarchiv der Heimatpflege

Brückenbauten im Landkreis Freising von 1924 bis 1934

Unter dem Titel „Zwischen Isar und Abens“ veröffentlicht die Heimatpflege im Landratsamt Freising in loser Reihenfolge Beiträge, die sich mit der Geschichte, der Kultur und dem Brauchtum im Landkreis Freising beschäftigen. Diesmal geht es um zwei Isarbrücken im Landkreis, die in den 1930er Jahren erbaut wurden.

 

Über die Flüsse und die Bäche im Landkreis Freising führen insgesamt 51 Brücken, die alle nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind. Für 33 dieser Stahl- oder Spannbetonbauten trägt der Landkreis Freising die Baulast. Vor 90 Jahren waren zahlreiche Brücken im Bezirk Freising, dem Vorgänger des heutigen Landkreises, noch Holzkonstruktionen aus dem 19. Jahrhundert. Diese alten Flussübergänge waren für den sich entwickelnden Automobilverkehr nur bedingt geeignet und drohten unter der Last der Lkw und Autobusse zusammenzubrechen.

 

In den 1920er-Jahren setzte deshalb im Landkreis eine rege Bautätigkeit ein, die durch den Zweiten Weltkrieg unterbrochen wurde. Nach und nach ersetzten moderne Stahlbetonbauten die hölzernen Brücken oder ergänzten sie. Das Archiv der Kreisheimatpflege verwahrt ein Fotoalbum, das die Bauabschnitte einzelner Brückenbaumaßnahmen zur Zeit der Weimarer Republik sorgfältig dokumentiert. Das Album ist Karl Schels gewidmet, der als Chef des Bezirksamtes Freising ein Vorgänger des heutigen Landrates war. Die Fotografien entstanden in den Jahren 1924 bis 1934 und stammen vermutlich größtenteils von dem Bezirksbaurat Ludwig Reissermeier. Er war für den Hoch- und den Tiefbau sowie für die Baudenkmalpflege verantwortlich. 

Eine neue Isarbrücke für Grüneck

Seit den 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts führte bei Grüneck eine Holzbrücke über die Isar. Das Bauwerk war 1930 schadhaft und musste nach jedem Frühjahrshochwasser der Isar ausgebessert werden. Darüber hinaus hatte der Bezirk Freising den Anschluss an das Postbusnetz beantragt. Die Linie Freising – München sollte über Hallbergmoos und Grüneck, also auch über die dortige Isarbrücke führen. Da die alte Holzbrücke die schweren Omnibusse nicht tragen konnte, forderte die Oberpostdirektion den Neubau einer Isarbrücke. Und so realisierten die Gemeinden Neufahrn und Hallbergmoos, die Bezirke Freising und Erding sowie Gutsbesitzer Josef Selmayr aus Erching den Brückenneubau als Gemeinschaftsprojekt.

 

Dieses konnte in der Rekordzeit von nur vier Monaten durchgeführt werden, obwohl die Arbeiten unter ungünstigen Bedingungen stattfanden. Im April 1930 begannen die Bauarbeiten mit der Errichtung einer Arbeitsbühne, es folgte die Betonierung der ersten beiden Strompfeiler des Unterbaus. Die Arbeiten schritten rasch voran, bis Mitte Mai ein Hochwasser den Notsteg und die Schalung des dritten Strompfeilers mit sich riss. Schon eine Woche später, am 28. Mai, waren die Schäden behoben und alle sieben Pfeiler fertig betoniert. Im Juni nahmen die Arbeiter den Überbau in Angriff, es folgte die Betonierung der Fahrbahn und Ende des Monats deren Asphaltierung. Am 3. August fand in Anwesenheit zahlreicher Gäste und der Bevölkerung die Einweihung der neuen, 94 Meter langen Brücke statt. Nachdem Domdekan Anton Scharnagl den kirchlichen Segen gespendet hatte, übergab Bezirkschef Oberregierungsrat Karl Schels das Bauwerk dem Verkehr. Im April 1945 sprengten SS-Einheiten die Grünecker Isarbrücke. Erst 1953 war eine neue Brücke vollendet, die seit 2009 ein Stahlverbundbau ersetzt.

 

Die Brücke von Marzling

Im Jahr 1894 entstand bei Marzling aus den Teilen einer hölzernen Notbrücke, die in Freising während des Neubaus der dortigen Isarbrücke genutzt worden war, ein neuer Flussübergang. Bereits 40 Jahre später war das Bauwerk marode geworden und den Wassermassen der Isar nicht mehr gewachsen. So beschloss die Gemeinde Marzling Anfang 1934 den Neubau einer 94 Meter langen Brücke. Unter der Leitung des Bezirksamtes führte die Freisinger Firma Kriechbaum die Arbeiten aus. Das Marzlinger Wasserbauwerk diente als Feldwegbrücke hauptsächlich landwirtschaftlichen Fuhrwerken. Nur so erreichten die Marzlinger Bauern ihre Weidegründe und Felder auf der rechten Isarseite. Die Planungen sahen deshalb einen Holzüberbau auf Betonpfeilern vor. Im April stand das Arbeitsgerüst, sechs Wochen später begannen die Arbeiter mit dem Rammen der elf Meter langen Eisenbetonpfähle und der Fundamentspundwände in den Untergrund. Im Juli wurden die Pfeilerschäfte und Pfeilerhälse betoniert. Im September 1934 war dann der hölzerne Überbau weitgehend fertiggestellt, der Auftrag der Teermischdecke auf die Fahrbahn konnte erfolgen.

 

Auch die Marzlinger Isarbücke erlitt Kriegsschäden, nach einer grundlegenden Instandsetzung im Jahr 1951 bekam Marzling 1964 eine neue Isarbrücke. Diese existiert bis zum heutigen Tag, soll jedoch in absehbarer Zeit durch einen Neubau ersetzt werden.

 


Aus der Bibliothek der Heimatpflege

Von Bedürftigen zu Wohltätern: Zur Entwicklung des Dreikönigsingens

Ab Januar ziehen die Sternsinger wieder von Haus zu Haus, stimmen ihre Lieder an und erbitten freundlich Gaben. Feierlich führen sie einen Stern mit sich, der an jene Himmelserscheinung erinnert, die einst den Magiern aus dem Morgenland den Weg zur Krippe Jesu gewiesen hat. Das berichtet zumindest der Evangelist Matthäus, der allerdings noch nichts von drei bekrönten Fürsten namens Kaspar, Melchior und Balthasar wusste. Bereits in der Spätantike war aus den Magiern ein königliches Dreigespann geworden, erst im 6. Jahrhundert nach Christus setzten sich ihre Namen durch.

Vom frommen Spiel zum Straßentheater

Woher kommt aber der Brauch, dass junge Menschen, bunt verkleidet und geschminkt, singend von Haus zu Haus ziehen, um Geschenke zu erheischen? Und wie wurden aus den wohlhabenden Besuchern aus dem Morgenland, die den Heiland mit Gold, Weihrauch und Myrrhe bedachten, königliche Bittsteller?

 

Am Anfang standen wohl die Dreikönigsspiele, eine besondere Form des mittelalterlichen Weihnachtsspiels, das die Liturgie der Kirche bereicherte. Das Fragment eines gesungenen Dreikönigsspiels aus Freising findet sich in einer Handschrift des 9. Jahrhundert, die in der Bayerischen Staatsbibliothek München verwahrt wird. Sollte das nachträglich eingefügte Pergamentblatt mit dem Magierspiel so alt sein, wie die restlichen Teile des Bandes, wäre dies das älteste erhaltene Dreikönigsspiel im deutschsprachigen Raum.

 

Erst ab dem 16. Jahrhundert häufen sich Hinweise auf kostümierte Sternsinger, die von Haus zu Haus zogen und singend Gaben erbaten. In Deutschland erschienen ihre Lieder als Handschriften oder Druck-Erzeugnisse. Relativ schnell verbreitet sich diese Form des Dreikönigssingens über ganz Europa. Nicht immer war es jedoch fromme Andacht, sondern pure Not, die die Sternsinger antrieb. Die ersungenen Naturalien und Münzen sicherten das Überleben verschiedener Bevölkerungsgruppen, die aus Bettlern, beschäftigungslosen Handwerkern, ehemaligen Soldaten und Schülern bestanden. Heterogen waren die Scharen der Sternsinger und dissonant der Klang ihrer Stimmen. Und so blieben vernichtende Urteile nicht aus. „Ain ibls gesang“ notierte der Zellerar des Klosters Ettal 1578 nach dem Besuch eines Sternsingerensembles in sein Rechnungsbuch.

Zwischen Missfallen und Wohlwollen: Die Reaktion der Obrigkeit

Von Anfang an stand die Obrigkeit dem Brauch des Dreikönigssingens zwiespältig gegenüber: Aggressives Ansingen, Hausfriedensbruch und Raufereien zwischen konkurrierenden Sängerformationen führten zu restriktiven Maßnahmen. In der Pfalz verbot 1582 Kurfürst Ludwig VI. das Dreikönigssingen, nur arme Schüler durften sich weiterhin mit frommen Liedern ein Almosen verdienen.

 

In der geistlichen Stadt Freising hingegen erfreuten sich im 17. Jahrhundert die Heiligen Drei Könige der Wertschätzung des Klerus. Am Abend des Dreikönigstages erschienen Kaspar, Melchior und Balthasar hoch zu Ross mit großem Gefolge in der fürstbischöflichen Residenz, um vor dem Bischof ihre Gesänge anzustimmen. Bis ins frühe 18. Jahrhundert sind die festlichen Auftritte der reitenden Könige in Freising belegt.

 

Mit der Aufklärung verbreitete sich die Skepsis gegenüber derartigen Spektakeln. So unterband Fürstbischof Ludwig Joseph von Welden 1784 in der Stadt Freising den „lärmenden Gesang“ der Könige, die nach ihren Auftritten die eingesammelten Almosen in den Wirtshäusern vertranken. Boshaftes berichtete ein anonymer Verfasser über das Freisinger Sternsingen im Jahr 1800. Die Heiligen Drei Könige und ihre Gefolgschaft sangen demnach „ein jämmerlich Lied von der Geburt Christi“, um dann Geld, Semmeln und vor allem Bier einzusammeln.

Alter Brauch neu belebt

Damit war zunächst Schluss mit dem Sternsingen, die Romantik läutete allerdings eine Renaissance des alten Brauches ein. Überall entstanden neue Dreikönigslieder, die von guten Sängern vorgetragen wurden. Für Freising, Zolling und Oberhummel sind die Texte dieser Gesänge überliefert. In den 1860er Jahren zogen in den Dreikönigsnächten die Zollinger Ministranten nach der Vesper durch den Ort und erbaten mit ihren Klopfliedern Brot, Käse, Würste und Süßigkeiten. Die reiche Ausbeute wurde dann am nächsten Tag mit den bedürftigen Kindern des Dorfes geteilt.

 

Die Auswüchse und der Missbrauch des Sternsingens gehörten damit scheinbar der Vergangenheit an. Und seit 60 Jahren horten die Sternsinger endgültig nicht mehr für den eigenen Bedarf, sondern ausschließlich für andere Bedürftige. Seit 1959 organisiert nämlich das Kindermissionswerk der katholischen Kirche die Aktion Dreikönigssingen. Kinder und Jugendliche sammeln als Heilige Drei Könige Spenden für Hilfsprojekte in der ganzen Welt. Auch im Landkreis Freising beteiligen sich wieder zahlreiche junge Leute aus den Pfarrgemeinden an der diesjährigen Sternsingeraktion.

Wer erkennt die Sternsinger von 1989?

Durch den Schnee stapften in den späten 80er Jahren des letzten Jahrhunderts fröhlich die Sternsinger von St. Lantpert in Lerchenfeld. Ihre Kollegen aus Vötting hatten sich hingegen andächtig in der Pfarrkirche St. Jakob zu einem Gruppenfoto aufgestellt.

 

Wer die fotografierten Personen oder sogar sich selber erkennt, kann sich unter Telefon 08161/600-151 oder per E-Mail an bernd.feiler[at]kreis-fs.de im Landratsamt melden. Es wartet eine kleine Überraschung.

 

Bericht von Bernd Feiler, Kultur und Heimatpflege

(Die Fotos stammen von Siegfried Martin.)

Aus der Bibliothek der Heimatpflege

Fasching im Landkreis Freising vor 50 Jahren

Während sich der Fasching aus der Domstadt Freising weitgehend verabschiedet hat, schwingen zwischen in Eching und Rudelzhausen, Moosburg oder Mauern zurzeit wieder die Narren unverdrossen ihr Zepter. Auf eingefleischte Faschingsmuffel mag das bunte Treiben befremdlich wirken, vom organisierten Frohsinn ist da schnell die Rede. Unübersehbar bereichert der Fasching das kulturelle Leben im Landkreis Freising, die karnevalistischen Aktivitäten stärken das Gemeinschaftsgefühl und verbinden die Generationen. Zahlreiche Gruppierungen richten Maskenbälle, Partys und Faschingsumzüge aus.

 

Dazu kommen die insgesamt zwölf Karnevalsgesellschaften und Faschingsvereine im Landkreis. Sie organisieren seit Jahrzehnten die Auftritte der Prinzenpaare, trainieren Garden und begeistern mit ihren Showtanzgruppen. Die Narrhalla Heidechia e.V. Eching/Neufahrn feiert heuer ihr 60-jähriges Bestehen, auf 50 Jahre können die Narrhallesen in Gammelsdorf und in Zolling zurückblicken. Einen Blick zurück in den Fasching 1969 ermöglicht das Bildarchiv der Kreisheimatpflege. Theo Goerge war damals im Landkreis unterwegs und hielt seine Eindrücke mit der Kamera fest.

Nandlstadt: Prinzessin Gabi I. und Prinz Stefan I. geben sich die Ehre

Das Nandlstädter Prinzenpaar grüßte von einem zweispännigen Prunkwagen aus huldvoll die Zuschauer. Mit bürgerlichen Namen hießen die närrischen Herrscher Gabi Kaindl und Stefan Häusl. Dahinter rollte ein Leichenwagen mit einem bekränzten Sarg. Das nur teilweise lesbare Schild auf dem Wagen zeigt einen Trauerfall an.

 

Wer oder was hier ironisch betrauert wird, bleibt leider unklar. Greift der Themenwagen die Schließung der Albrecht KG in Nandlstadt auf? Wer kann hier weiterhelfen? Hinweise werden unter Telefon 08161/600-151 dankbar entgegengenommen.

Neufahrn: Fasching im Zeichen des Widerstandes

Einen politischen Faschingsumzug gab es 1969 in Neufahrn. Der Protest richtete sich unter anderem gegen den geplanten Großflughafen im Erdinger Moos. Mit einer Rakete aus Pappe wollten die Neufahrner seinerzeit Franz Sackmann vom Wirtschaftsministerium auf den Mond schießen. Als Staatssekretär vertrat er in der Öffentlichkeit das Projekt Flughafen München II im Erdinger Moos. Seine Beliebtheit bei der ortsansässigen Bevölkerung hielt sich dementsprechend in Grenzen.

 

Das Thema Mondfahrt beschäftigte 1969 die Öffentlichkeit aber auch weltweit: Insgesamt viermal starteten in diesem Jahr von Florida aus bemannte Raketen in Richtung Mond. Im Juli 1969 kam es schließlich zur ersten Mondlandung. Franz Sackmann war damals nicht an Bord der Apollo 11, wie wir heute wissen.

 

Gleich dahinter machten die Neufahrner ihrem Ärger wegen der geplanten Müllverbrennungsanlage Luft. „Städtische Müllverbrennung Neufahrn“ ist auf einem mit Unrat beladenen Wagen zu lesen. Von Anfang an war die projektierte Großanlage zur Abfallbeseitigung in Neufahrn auf wenig Gegenliebe gestoßen. Als durchsickerte, dass auch die Freisinger in Neufahrn ihren Müll entsorgen wollten, wehrte man sich gegen eine „Städtische“ Müllverbrennungsanlage auf Neufahrner Gemeindegebiet. Der Bau der Anlage wurde schließlich gerichtlich von der Betreiberfirma durchgesetzt. Im Jahr 1970 begann die Müllverbrennung in Neufahrn, 30 Jahre später endete sie wieder.

Langenbach: Gammlerhochzeit

Gammler nannte man in den späten 1960er Jahren abwertend bestimmte Vertreter der jugendlichen Protestbewegung. Sie waren leicht am langen Haupthaar zu erkennen, ihre Garderobe bestand vornehmlich aus Jeans und Parka. Gelegentlich erwerbstätig, diskutierten die als Gammler diskreditieren intensiv neue politisch-gesellschaftliche Modelle und experimentierten mit verschiedenen Rauschmitteln. Die Gammlerhochzeit des Langenbacher Faschingszuges 1969 zeigte allerdings fröhliche Zirkusclowns, die statt LSD das Bier einer Münchener Großbrauerei konsumierten.

Wer erkennt den Narrennachwuchs 1969?

Konzentriert beobachteten drei junge Damen damals das bunte Faschingstreiben. Zu einem bayerischen Cowgirl hatte sich eine Indianersquaw gesellt. Das Mädchen links trug eine ausladende Spitzenhaube, wie sie im späten 18. Jahrhundert voll im Trend lag. Etwas fassungslos betrachtete das ihr anvertraute Kleinkind den Faschingsumzug.

 

Wer die fotografierten Personen oder vielleicht sich selbst erkennt, kann sich unter Telefon 08161/600-151 im Landratsamt melden. Es wartet eine kleine Überraschung.

 

Bericht von Bernd Feiler, Kultur und Heimatpflege


Aus der Bibliothek der Heimatpflege

22. Mai 2018: 25. Todestag von Landrat a. D. Philipp Held

Im Mai 2018 jährte sich zum 25. Mal der Todestag von Dr. Philipp Held. Er war der bislang jüngste und der erste gewählte Freisinger Landrat. Bis 1946 wurden die Landräte nämlich nicht von der Bevölkerung bestimmt, sondern von der Bezirksregierung ernannt. Philipp Held stand in einer bewegten Epoche an der Spitze des Landkreises Freising: Seine Amtszeit (1946 – 1966) prägte der demokratische, wirtschaftliche und kulturelle Wiederaufbau des Landkreises nach der Zeit des Nationalsozialismus.

Von Regensburg über Lindau und München nach Freising

Philipp Held entstammte einer katholischen, politisch engagierten Familie. Sein Vater, der Politiker und Verleger Heinrich Held, war von 1924 bis zu seiner Amtsenthebung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 bayerischer Ministerpräsident. Am 2. Dezember 1911 in Regensburg geboren, wechselte Philipp Held nach der Volksschule an das humanistische Gymnasium der Benediktiner in Metten. Nach dem Jurastudium, das er mit einer Promotion abschloss, absolvierte er das Referendariat in Lindau.

 

Seine erste Anstellung als Rechtsassessor erhielt Held am Amtsgericht in Freising. In der Domstadt lernte er im Fasching 1937 Hedwig Peslmüller kennen, die er zwei Jahre später heiratete. Die Einberufung zur Wehrmacht unterbrach 1940 Helds beruflichen Werdegang. Noch vor Kriegsende konnte er jedoch seine Beamtenlaufbahn in München fortsetzen. Die Ernennung zum Amtsgerichtsrat erfolgte 1944, im Jahr zuvor war das Ehepaar Held von München nach Freising in die Deutingerstraße gezogen. Die Übersiedlung nach Freising geschah notgedrungen, die Münchner Wohnung des jungen Ehepaares hatten Kriegsbomben zerstört.

Landrat der Wirtschaftswunderzeit

Im Oktober 1945 erschienen Vertreter der US-amerikanischen Militärverwaltung in der Deutingerstraße. Sie bestellten den 33-jährigen, politisch unbelasteten Philipp Held zunächst zum Landrats-Stellvertreter und schließlich zum Landrat des Kreises Freising. Diese Berufung erfuhr  durch die erste freie Kreistagswahl im April 1946 ihre demokratische Legitimation: In seiner konstituierenden Sitzung wählte der Kreistag den CSU-Mann Held einstimmig zum Landrat.

 

Der junge Jurist stand nun vor einer Fülle von schier unlösbaren Aufgaben. Die Kreisverwaltung musste nicht nur reorganisiert, sondern auch demokratisiert werden. Zahlreiche Heimatvertriebene, aber auch Münchner Bürger, deren Wohnungen durch Bombenangriffe zerstört worden waren, hatten sich in den Landkreis geflüchtet. Sie benötigten dringend Unterkünfte. Wie überall in Deutschland lag auch im Landkreis Freising die Wirtschaft am Boden, es mangelte an Lebensmitteln, Rohstoffen und einer funktionierenden Infrastruktur.

 

Nachhaltig förderte Landrat Philipp Held in den ersten Jahren seiner Amtszeit die Aufbauarbeit im Landkreis. Unter Helds Führung modernisierte der Kreis ab 1948 seine Straßen, die bis dahin größtenteils keine Asphaltdecken aufwiesen. Schrittweise wurde das Straßennetz erweitert und so das Kreisgebiet für den anwachsenden Autoverkehr erschlossen. Neue Brückenbauten über die Flüsse Amper, Glonn und Isar verbesserten die Erreichbarkeit vieler Landkreisgemeinden.

 

Bis 1962 entstanden 13 neue Schulhäuser, das Kreiskrankenhaus in Moosburg erhielt 1954 einen Erweiterungsbau, in Freising konnte 1958 ein neues Kreiskrankenhaus eingeweiht werden. Held engagierte sich für den sozialen Wohnungsbau, initiierte den Neubau des Landratsamtes an der Amtsgerichtsgasse und des neuen Landkreisbauhofes. Im südlichen Landkreis förderte Held die Ansiedlung von Industrieunternehmen.

Politiker mit weitreichenden Verbindungen

Philipp Held stand 14 Jahre als Vorsitzender an der Spitze des Landkreisverbandes Bayern. Gleichzeitig war er der Vizepräsident, ab 1960 der Präsident des Deutschen Landkreistages. Gemeinsam mit seinem Dachauer Amtskollegen Heinrich Junker, den SPD-Politikern Martin Hirsch und Hans Hoegn unternahm Held im Herbst 1956 eine sechswöchige Studienreise durch die USA, zu der das amerikanische Außenministerium eingeladen hatte. Die Reiseroute führte ihn von der atlantischen zur pazifischen Küste, vom Golf von Mexiko bis zu den Niagarafällen. Zahlreiche Freundschaften konnten geschlossen werden, die Stadt New Orleans verlieh Philipp Held die Ehrenbürgerwürde. Genauso pflegte Held Kontakte nach Israel, das er in den 1960er Jahren bereiste.

 

Seit 1954 vertrat Held als Abgeordneter der CSU den Stimmkreis Freising im bayerischen Landtag. Die damalige Gesetzgebung erlaubte Wahlbeamten, ein Mandat im Landesparlament wahrzunehmen. Zunächst musste er auf der Oppositionsbank Platz nehmen, hatte doch die CSU bereits 1950 ihre absolute Mehrheit verloren. Held erhielt sofort wichtige parlamentarische Funktionen, so war er unter anderem Mitglied im Ausschuss für Verfassungs- und Rechtsfragen. Dort saß auch der spätere Ministerpräsident Alfons Goppel, der gleichzeitig mit Held sein Landtagsmandat erhalten hatte. Helds hohe Fachkompetenz, seine ausgleichende Persönlichkeit müssen Goppel schon damals aufgefallen sein.

Justizminister im Kabinett Goppel

Im Jahr 1966 berief der bayerische Regierungschef Alfons Goppel Philipp Held in sein zweites Kabinett und übertrug ihm das Amt des Justizministers. Held wechselte vom Landratsamt Freising in den Münchner Justizpalast, neuer Landrat in Freising wurde Ludwig Schrittenloher.  Zwei Legislaturperioden lang gehörte Held der bayerischen Staatsregierung an, seit 1972 war er auch stellvertretender Ministerpräsident. In Helds Amtszeit fiel das Olympiaattentat vom 5. September 1972 in München. Schockiert von den Ereignissen beschloss er, sich nicht mehr der Wahl zu stellen.

Abschied von der Politik

So verabschiedete sich Held Ende 1974 von der Politik. Seinen Lebensabend verbrachte er in Wolfersdorf, wo er immer wieder politische Weggefährten und Freunde empfing. In Anerkennung seiner Leistungen als Politiker erhielt er im Laufe seines Lebens unter anderem den bayerischen Verdienstorden, das große Bundesverdienstkreuz und das große silberne Ehrenzeichen der Republik Österreich.

 

Am 22. Mai 1993 verstarb Dr. Philipp Held nach langer schwerer Krankheit in Wolfersdorf. Seine letzte Ruhestätte fand er im Freisinger Waldfriedhof.

 

(Ein Hinweis: Wir haben intensiv nach den Urhebern der Fotos geforscht, aber niemanden gefunden. Sollte jemand der Urheber sein oder diesen kennen, darf er sich gerne an uns wenden.)

 

Bericht von Bernd Feiler, Kultur und Heimatpflege


Aus der Bibliothek der Heimatpflege

Vor 120 Jahren: Josef Selmayr aus Bogenhausen erwirbt das Schlossgut Erching

Reisenden, die mit der S-Bahn vom Münchner Osten zum Flughafen fahren, fällt das Erchinger Wasserschloss sofort ins Auge: Zwischen den Haltestellen Ismaning und Hallbergmoos taucht der beeindruckende dreigeschossige barocke Bau überraschend auf freier Strecke auf, um nach wenigen Augenblicken wieder hinter hohen Bäumen zu verschwinden. Seit 120 Jahren besitzt die Familie Selmayr das Schlossgut Erching, welches in 5.Generation von Julia Vogt-Selmayr geführt wird. Ihr Ururgroßvater Josef Selmayr aus Bogenhausen erwarb am 1. Mai 1898 den Besitz Erching.

 

Heute würde man Kommerzienrat Josef Selmayr einen Erfolgsmenschen nennen. Gemeinsam mit seiner Frau Pauline, einer Haidhausener Gastwirtstochter, wirtschaftete er auf dem stattlichen Hanslmarter Hof in Bogenhausen, zu dem ein ausgedehnter Grundbesitz gehörte. Daneben betrieb er erfolgreich eine Ziegelei, die Bevölkerung adelte ihn deswegen zum „Loambaron“ (Lehmbaron). So wurde im Münchner Volksmund eine Gruppe von Bauern bezeichnet, die ab den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts im Nordosten von München Ziegel brannten und erheblich vom Bauboom der prosperierenden königlichen Residenzstadt profitierten.

 

Der letzte Bürgermeister von Bogenhausen

Der Geschäftsmann und Ökonom Josef Selmayr hatte darüber hinaus auch wichtige öffentliche Ämter inne: Er war der letzte Bürgermeister von Bogenhausen und führte mit dem Magistrat der Landeshauptstadt München die Verhandlungen zur Eingemeindung seines Heimatdorfes. Im Jahr 1892 kam es zum Zusammenschluss mit München, Selmayr  brachte seine Ideen nun als Landrat von Oberbayern und Gemeindebevollmächtigter der Stadt München in die Politik ein.

 

Anstelle des Hanslmarter Hofes ließ sich Selmayr 1898 eine schlossartige Villa errichten, Günter Blumentritt, der Architekt des Freisinger Rathauses, beteiligte sich an den Planungen. Im gleichen Jahr verkaufte Josef Selmayr den größten Teil seines Bogenhausener Grundbesitzes an die „Heilmann & Littmann Bau- und Immobilien-Gesellschaft A.-G.“, die von den Eigentümern des gleichnamigen Baugeschäftes gegründet worden war. Mit den Erträgen aus den Grundstücksverkäufen erwarb Selmayr das Schlossgut Erching, zu dem über 700 Hektar Fläche und über 1000 Jahre Geschichte gehörten.

 

Ein Schlossgut mit Geschichte

Diese begann am 3. Juli 750, Alfrid aus dem Geschlecht der Fagana schenkte damals Erching den Bischöfen von Freising, die dort Schweine, Schafe und Geflügel halten ließen. Auf den Erchinger Feldern  wuchsen Erbsen, Bohnen und Rüben, die im Mittelalter ein wichtiger Bestandteil der Ernährung waren.

 

Spätestens im 14. Jahrhundert erhielt Erching eine Kapelle, ein Schloss ist seit dem Jahr 1400 belegt. Den heutigen Bau errichtete 1653 Hans Moosbrugger als Jagdschloss für den Freisinger Fürstbischof Albrecht Sigismund. Im 19. Jahrhundert gaben sich in Erching ständig neue Besitzer die Klinke in die Hand, bis schließlich Josef Selmayr das Wasserschloss mit dem Hauptgut, dem Fischerhof, dem Zwillingshof und dem Brandstadl erwarb.

 

Selmayr legte sofort los und ließ neue Stall-, Wohn-, Wirtschaftsgebäude sowie ein Gasthaus errichten. Letzteres wurde zur willkommenen Raststätte für Reisende, verlief doch die Straße nach München direkt durch das Gut. Für seinen Betrieb entwickelte Selmayr ein erfolgreiches Wirtschaftskonzept mit den Schwerpunkten Milchwirtschaft, Schweinezucht, Ackerbau und Brennerei. Zahlreiche Preise und Auszeichnungen zeugen vom Erfolg des Gutsbesitzers, der in Fachkreisen als der bedeutendste Züchter des „Deutschen veredelten Landschweines“ in Süddeutschland galt.

 

Seit 1903 wohnt die Familie Selmayr im Schloss

Erching war für Josef Selmayr  in erster Linie ein Wirtschaftsstandort. Er behielt seinen Wohnsitz in der Bogenhausener Villa, die seine Nachkommen 1940 veräußerten und heute von der Bayerischen Theaterakademie genutzt wird. Selmayrs gleichnamiger Sohn Josef II. zog dann nach seiner Hochzeit mit der aus Freising stammenden Maria Haislainger 1903 in das Wasserschloss, das seither von der Familie bewohnt wird. Am 19. Mai 1909 starb Josef  Selmayr im Alter von 58 Jahren. Seinen Sarg schmückte ein Kranz blauer Enziane, die man auf den Erchinger Mooswiesen gepflückt hatte.

 

Im Jahr 1998 verfassten Josef und Tassilo Selmayr, die Urenkel des Bogenhausener Kommerzienrates die Festschrift „100 Jahre Familie Selmayr in Schlossgut Erching“. Ein Exemplar dieser Schrift befindet sich in der Bibliothek der Heimatpflege im Landratsamt Freising. Zu deren Bestand zählen rund 6000 Medien, Bücher, Zeitschriften oder Tonträger, aber auch Ortschroniken und heimatkundliche Stoffsammlungen, die einen tiefen Einblick in die Geschichte des Landkreises Freising gewähren.

 

Bericht von Bernd Feiler, Kultur und Heimatpflege


Aus dem archäologischen Depot des Landkreises Freising

Keltische Glaskunst

Scheinbar Unscheinbar?

Durchscheinend, zart und dennoch erstaunlich kräftig gefärbt: So erscheinen uns heute die Wunderwerke der keltischen Glaskunst: Armringe aus Glas. Fragmente dieses zerbrechlichen Gutes wurden an verschiedenen Fundstellen des Landkreises Freising von Mitgliedern des Archäologischen Vereins gefunden und sind als aktueller „Fund des Monats“ aus dem archäologischen Depot Bestandteil der Serie „Heimatgeschichten“.

 

Für uns alltäglich war Glas in der Vorgeschichte ein exklusives Luxusgut. Die ersten Gegenstände aus diesem Material wurden gleichzeitig in Ägypten und Mesopotamien am Ende des 5. Jahrtausends v. Chr. hergestellt. Diese sogenannten Fayencen bestanden noch aus einem brüchigen, mit Glas überdeckten Kieselerdekern.

 

Später breitete sich die Technik über den Mittelmeerraum, Kreta und Griechenland nach Osteuropa und schließlich bis nach Mitteleuropa aus. Nach den noch vereinzelt auftretenden Glasperlen in der Bronzezeit (ca. 2200 bis 800 v. Chr.) machte sich ab der älteren Eisenzeit, der Hallstattzeit, ca. 800 bis 450 v. Chr. ein deutlicher ein Anstieg bemerkbar. In der Latènezeit (ca. 450 bis 15 v. Chr.) fanden sich dann erstmals auch Armringe aus Glas. Sie wurden in lokalen keltischen Werkstätten etwa ab 260 v. Chr. hergestellt und sowohl von Frauen als auch von Männern und Kindern getragen.

 

Nach den frühen, meist hellgrünen oder hellblauen Armringen mit blauer Fadennetzauflage (Bild Nr. 1) sind besonders die dunkelblauen drei- oder fünfrippigen Armringe mit gelber und weißer Zickzackfadenauflage typisch für die mittlere Latènezeit (Nr. 3 - 7). Die ebenfalls mehrrippigen Ringe aus durchsichtigem Glas mit innenliegender gelber Beschichtung wurden bisher noch nicht im Landkreis gefunden. Darauf folgten ab ca. 120 v. Chr. einfache glatte, schlichte Ringe in den Farben Purpur, Bernstein oder Blau.

 

Eine hohe Kunstfertigkeit erforderte die nahtlose Fertigung dieser Glasarmringe. Nachdem die Produktion etwa um 50/40 v. Chr. abbrach, ging das Wissen um die Fertigung verloren. Römischen Handwerkern war es lange Zeit nicht möglich nahtlose Glasarmringe herzustellen.

 

Die Original Glasarmring-Fragmente sind bis Ende April im Altbau des Landratsamtes (Kreuzgang) ausgestellt.

 

Glasherstellung

Der Werkstoff Glas besteht aus den Rohmaterialien Silikat (z.B. Quarzsand), Alkali (Soda-Asche) und Kalk. Durch die Verschmelzung dieser Bestandteile bei Temperaturen über 1700 Grad Celsius entsteht ein neuer Werkstoff. In der Antike war es nicht möglich, diese hohen Schmelztemperaturen zu erreichen. Die Handwerker konnten allerdings durch Zugabe von Flussmitteln (z.B. Soda-Asche) diese um einige 100 Grad senken und so trotzdem Glas schmelzen. Naturbelassenes Glas hat meist eine bräunliche bis grünliche Färbung. Durch Zusatz von metallhaltigen Mineralien wurden weitere Farben erzeugt.

 

Latènezeit ca. 450 bis 15 v. Chr.

Die jüngere Eisenzeit wurde nach einem bedeutenden Fundort, La Tène in der Schweiz, benannt. Die damals in Mitteleuropa ansässige Kultur wird heute allgemein mit den Kelten gleichgesetzt.

 

Funde im archäologischen Depot besichtigen

Weitere Funde von der Steinzeit bis ins Mittelalter können in der archäologischen Ausstellung im Depot des Landratsamtes Freising besichtigt werden.

 

Öffnungszeiten: Jeden ersten Sonntag im Monat von 10 bis 17 Uhr

 

Bericht von Delia Hurka, Kreisarchäologin


Aus dem Gästebuch des Landratsamts Freising

40 Jahre Gymnasium Moosburg

Das Freisinger Landratsamt führt  seit den 60er Jahren Gästebücher, die zu besonderen Anlässen aufgelegt werden. Die Bücher sind interessante historische Dokumente und aufschlussreiche Quellen: Bilder und Texte erinnern an wichtige Ereignisse, zahlreiche Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie prominente Besucher des Landkreises haben sich mit ihren Namen verewigt. Der erste Band reicht bis in das Jahr 1991, er befindet sich heute in der Bibliothek der Heimatpflege.

 

Auf Seite 36 des Gästebuches  findet sich ein interessanter Eintrag, er ist auf den 23. Februar 1978 datiert: An diesem Tag wurde in Anwesenheit des damaligen Bayerischen Kultusministers Prof. Hans Maier in Moosburg feierlich der erste Bauabschnitt des Karl-Ritter-von-Frisch-Gymnasiums eingeweiht. Rund 250 geladene Gäste wohnten dem Festakt in der Schulaula bei. Moosburgs Bürgermeister Oscar Hertel begrüßte unter anderen den oberbayerischen Vizeregierungspräsidenten Erich Haniel, den Landtagsabgeordneten Otto Wiesheu und Landrat Hans Zehetmair aus Erding, der später Hans Maier als Kultusminister nachfolgte. Ein besonderer Gruß galt dem Freisinger Landrat Ludwig Schrittenloher, war doch der Landkreis Freising von Anfang an Träger des Moosburger Gymnasiums. Schrittenloher  hob  in seiner Rede die Qualität des 7,3 Millionen Mark teuren Neubaus hervor, der von dem Münchner Architekten Willi Schorr „nach den modernsten schulischen Gesichtspunkten geplant und ausgestattet worden war“.

 

Damals nutzten 14 Klassen mit insgesamt 432 Schülern das neue Gebäude. Zum Vergleich: Heute besuchen 701 Schüler und Schülerinnen in 23 Klassen das Moosburger Gymnasium.  Landrat Ludwig Schrittenloher verwies auf wachsende Schülerzahlen und wünschte sich einen Vollausbau des Moosburger Gymnasiums, das damals nur die Jahrgangsstufen 5 bis 10 umfasste.

 

Kultusminister Maier konnte dieser Bitte umgehend entsprechen: Am Ende seines Vortrages, der die Bedeutung der Schulfeier als gemeinschaftsbildendes Element zum Gegenstand hatte,  kündigte der Minister die sofortige Erweiterung der Schule bis zur 13. Klasse an.  Das begeisterte Auditorium reagierte auf diese Ankündigung mit stürmischem Applaus, wie die Chronisten der Lokalpresse notierten.

 

Schulleiter Norbert Herrmann, den seine Vorredner unisono als den eigentlichen Motor des Schulhausneubaues gewürdigt hatten, mahnte einen respektvollen Umgang mit den Schülern an und erhielt vom Vorsitzenden des  Elternbeirates für die Anschaffung eines Flügels einen Scheck über 10.000 Mark. Spendierfreudig zeigte sich auch die Sparkasse Moosburg: Mit 5000 Mark beteiligte sich das Geldinstitut an der Finanzierung einer Foto- und Filmausrüstung für die Schule.

 

Schließlich schritten der Stadtpfarrer von Sankt Kastulus, Maximilian Bengl, und dessen evangelischer Amtsbruder Volker von Lepel zur Weihe des Gebäudes. Auch die Schulkreuze für die Klassenzimmer wurden gesegnet, denn  bis zum Kruzifix-Erlass des Bundesverfassungsgerichtes waren es noch 17 Jahre. Schulchor, Instrumental- und Gesangssolisten steigerten die feierlich-fröhliche Stimmung in der Moosburger Schulaula mit Barockmusik und Moritatengesängen zur Baugeschichte. Nach den zahlreichen Wortbeiträgen und den aufrichtigen Segenswünschen stärkten sich die Gäste an einem reichhaltigen Buffet, das vom Hotel Bauer arrangiert worden war.

 

Bericht von Bernd Feiler, Kultur und Heimatpflege


Aus dem archäologischen Depot des Landkreises Freising

Murr: Eine bedeutende Siedlung der Jungsteinzeit

Im Gemeindegebiet von Moosburg liegt in einem ruhigen Seitental der Amper eine bedeutende Fundstelle der Jungsteinzeit. Auf einem leicht nach Süden geneigten Hang, nördlich von Murr, siedelten vor über 7000 Jahren Menschen der ersten Ackerbauernkultur in Mitteleuropa, der Linearbandkeramik (ca. 4300 bis 4000 v. Chr.).

 

Die Entdeckung dieses Bodendenkmals ist Erwin und Anne Neumair zu verdanken, die durch jahrelange Begehungen die Erforschung dieses Platzes initiierten. Aufgrund der Gefährdung durch die intensive Landwirtschaft führte der Archäologische Verein Freising von 1992 bis 1998 mehrere Grabungskampagnen durch. Bei den Untersuchungen wurden mehrere Siedlungen der Jungsteinzeit (ca. 5500 bis 2200 v. Chr.) entdeckt.

 

Allein die Spuren, die die damaligen Menschen durch Eingriffe in den Boden hinterlassen haben, sind unsere einzige Quelle für die Rekonstruktion der Lebenswelt in den schriftlosen Zeiten.

 

Spätestens zu Beginn des 4. Jahrtausends v. Chr. wurde die Siedlung der Linearbandkeramik mit ihren typischen Langhäusern aufgegeben. Zwar finden sich auch Spuren der mittleren Jungsteinzeit auf der Fläche, besondere Bedeutung haben aber die Befunde der nachfolgenden Münchshöfener Kultur (ca. 4400 bis 3800 v. Chr.)

 

Diese Kulturgruppe kennzeichnet eine charakteristische Form und Verzierungsweise der Keramik. Unter dem typischen Siedlungsmaterial finden sich auch in Murr die Schultergefäße mit den Furchenstichlinien, die sich oft flechtbandartig ineinander winden.

Spuren von Hausgrundrissen fehlen

Deutliche Spuren von Hausgrundrissen, wie in der Linearbandkeramik, fehlen bei den Münchshöfener Befunden in Murr. Nur einzelne Pfostenstellungen geben möglicherweise Hinweise auf kleinere Gebäude unregelmäßiger Form. Diese Schwierigkeiten, Spuren von Behausungen zu fassen, sind typisch und verbinden alle Fundstellen der Münchshöfener Kultur. Mit Sicherheit liegt hier eine veränderte Bau- oder Konstruktionsform zu Grunde. Wie diese aussah und ob damit auch eine veränderte Lebensweise verbunden war, lässt sich noch nicht sicher beantworten.

 

Über 30.000 Fragmente gefunden

Neben verschiedenen Gruben unterschiedlicher Funktion, wie Abfall oder Vorratsgruben, fällt das halbquadratische, unregelmäßige Grabenwerk auf. Welchem Zweck es diente und warum es unvollendet blieb, ist bisher nicht geklärt. Auf der Sohle des Grabens fanden sich immer wieder große Mengen an Keramik, teilweise wurden ganze Gefäße deponiert.

 

Insgesamt fanden die Ausgräber tonnenweise zerscherbte Gefäße, wohl über 30.000 Fragmente. Bemerkenswert sind die hohe Qualität der teilweise extrem dünnwandigen Keramiken sowie der große Anteil an Sonderformen. Darunter fällt ein einzigartiger kleiner Becher mit der Ritzzeichnung zweier Menschen auf, der als „Hochzeitsbecher“ in die Literatur eingegangen ist. In dieser Zeit sind Darstellungen von Menschen nicht üblich. Es handelt sich hier um die bisher einzige bekannte figürliche Zeichnung in der Münchshöfener Kultur.

 

Auf dem Speiseplan

Dass neben Einkorn und Nacktweizen auch Erbsen zum Speisezettel der Menschen in Murr gehörten, beweisen erste archäobotanische Untersuchungen aus dem Jahr 1996. Angebaut wurde auch Lein, dessen Fasern wahrscheinlich für die Gewebeherstellung benötigt wurden.

 

Die Analysen der Tierknochen aus den Abfallgruben zeigen, dass die typischen Haustierrassen Rind, Schwein und Schaf bzw. Ziege gehalten wurden. Jagdwild stand seltener auf dem Speiseplan. Dass auch Hunde gehalten wurden, zeigt die Bissspur auf einem Rinderknochen.

 

Die bisherigen Erkenntnisse der vorläufigen Untersuchungen dieser großflächigen Siedlungszone deuten auf eine zentrale, vielleicht sogar überregional bedeutende Siedlung am Ende des 5. und zu Beginn des 4. Jahrtausends v. Chr. hin. Großen wissenschaftlichen Wert hat auch die Tatsache, dass viele Gruben keinerlei Vermischungen mit anderen Zeitstellungen aufweisen. Die dringend erwartete Analyse des Fundmaterials und der Dokumentation steht aber noch aus.

 

Ausstellung im archäologischen Depots des Landratsamts

Die Funde aus der Siedlung Murr lagern im Archäologischen Depot im Landratsamt Freising. Dort können die schönsten Fundstücke aus dieser Grabung in einer vom Archäologischen Verein Freising ausgestatteten Ausstellung jeden ersten Sonntag im Monat besichtigt werden.

 

Diese zeigt aber nicht nur das Münchshöfener Material, sondern einen Überblick zur gesamten Vor- und Frühgeschichte im Landkreis Freising, von den ersten Ackerbauern über die Bronze- und Eisenzeit, die Römer und das frühe Mittelalter bis in die Neuzeit.

 

Bericht von Delia Hurka, Kreisarchäologin


Aus dem Bildarchiv der Heimatpflege

Der Landkreis Freising - eine Bilddokumentation

Theo Goerge stellte 1970  gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf großformatige Fotoalben zusammen. Sie waren für den damaligen Landrat Ludwig Schrittenloher gedacht und trugen den Titel  „Der Landkreis Freising – eine Bilddokumentation“. Die darin gezeigten Aufnahmen hatte Theo Goerge in den späten 60er Jahren während seiner zahlreichen Streifzüge durch den Landkreis gemacht. Goerge hielt Gebäude, Landschaften und Sehenswürdigkeiten im Bild fest, er portraitierte Menschen, dokumentierte aber auch wichtige Ereignisse und Feste.

 

Was damals als Momentaufnahme gedacht war, ist heute ein eindrucksvolles Zeugnis der Vergangenheit. Die Reihe „Heimatgeschichten“ präsentiert einige Fotografien aus dieser Dokumentation. Diese zeigen überwiegend Bewohner des Landkreises bei ihrer Arbeit. Die Namen der Protagonisten sind nicht bekannt. Wer die fotografierten Personen oder vielleicht sich selbst erkennt, kann sich unter Telefon 08161/600-151 im Landratsamt melden. Es wartet eine kleine Überraschung.

 

 

 

Haindlfing: Im zeitigen Frühjahr ist diese Ansicht von Haindlfing entstanden. Der Blick reicht vom Alten Berg in das Ampertal. Die Ortschaft war damals noch eine selbständige Gemeinde mit einer eigenen Pfarrei. Deutlich ist der Zwiebelturm der Pfarrkirche St. Laurentius zu erkennen, nur wenige Anwesen bestimmten damals das Ortsbild des Dorfes Haindlfing.

 

 

 

 

 

Gänsemagd: Routiniert lotst das junge Mädchen die schnatternde Gänseschar entlang des Wegs. Der Herbst mit Kirchweih und Martini ist noch weit, wie der blühende Baum verrät, noch droht dem Federvieh kein Ungemach. Der Ort des Geschehens und der Name der jungen Gänserin sind nicht überliefert. Wer kann hierzu etwas sagen?

 

 

 

 

Feldarbeit mit dem Ochsen: In Inkofen hat Theo Goerge diesen Bauern beim Eggen beobachtet. Der eingespannte Ochse trägt ein Stirnjoch und scheint darüber nicht besonders glücklich zu sein. Dies verrät zumindest der Blick des Tieres. In Bayern waren noch in den 60er Jahren vereinzelt Zugrinder  im Einsatz. Sie zu führen, erforderte großes Geschick.

 

 

 

 

Feldarbeit mit dem Pferdegespann: Dieses Pferdegespann zog bei Leonhardsbuch den Pflug.  Bis zum Zweiten Weltkrieg waren in Deutschland Pferde für die Landwirtschaft unentbehrlich. Mit der zunehmenden Vollmechanisierung ab den 1950erJahren verschwanden sie nach und nach von den Bauernhöfen. In der Forstwirtschaft haben Pferde auch heute noch ihre Bedeutung.

 

 

 

 

Feldarbeit mit dem Bulldog: Im südlichen Landkreis hatten sich Ende der 60er Jahre die Errungenschaften der Mechanisierung schon durchgesetzt: In Pulling wurden die Äcker mit Anhängepflug und Zugmaschine bearbeitet, deren Bedienung war anscheinend kinderleicht. Sorgfältig prüft der junge Mann auf seinem Traktor das Ergebnis seiner Arbeit. Wer kennt ihn?   

 

 

 

 

Auf dem Weg: Bei Inkofen hat Theo Goerge dieses Paar getroffen. Es scheint von der Feldarbeit zu kommen oder dorthin zu gehen, die Frau trägt Holzschuhe. Die poetische Stimmung der Aufnahme erinnert an ein altes Gemälde

 

 

 

 

Brotzeit am Wegesrand: Fünf junge Damen haben sich zur Brotzeit am Wegesrand niedergelassen, man freut sich auf einen Schluck Bier. Vermutlich entstand dieses Bild  in der Arbeitspause oder während der Rast auf einer Radtour. Genaueres könnte vielleicht eine der Damen berichten, falls sie sich auf dem Foto wiedererkennt.

 

 

 

 

Thann: Wie urzeitliche Behausungen stehen die Heugarben in der Landschaft, dahinter liegt auf einer Anhöhe die Ortschaft Thann mit seiner Wallfahrtskirche St. Ulrich. „Heumandl“ prägten damals im Hochsommer die bäuerliche Kulturlandschaft in ganz Bayern. Silo und Heugebläse haben sie heute von den Feldern verdrängt.

 

Bericht von Bernd Feiler, Kultur und Heimatpflege


Aus dem Bildarchiv der Heimatpflege

Das Landratsamt als Kaserne des Königlich Bayerischen Feldartillerie-Regiments „Prinzregent Luitpold“

Im Jahr 1803 zogen Soldaten in das aufgehobene Kloster Neustift. Aus der Kaserne wurde 1906 die Tuchfabrik Feller und 1986 das Landratsamt Freising. Ende des 19. Jahrhunderts fotografierten Hauptmann J. Baumann und J. Wasum den Alltag der Kanoniere der Neustifter Kaserne. Die Fotos wurden im Jahr 1900 unter dem Titel „Unsere Kanoniere“ als Drucke bei den Vereinigten Kunstanstalten München veröffentlicht.  Die Aufnahmen gewähren einen interessanten Eindruck vom Kasernenleben vor über 100 Jahren und werfen einen Blick zurück auf das alte Neustift.

 

 

 

Turnen: Im heutigen Brunnenhof des Landratsamtes übten die Soldaten auf dem „Pferd“ die richtige Reithaltung, verbesserten ihre Kondition durch Klimmzüge am Reck und trainierten ihre  Balance auf dem Balken. Die Soldaten trugen dabei die Uniform, Sportkleidung war noch unbekannt.

 

 

 

 

 

Mannschaftsküche: Für die Zubereitung der Mahlzeiten waren die Soldaten selber zuständig. Allerdings nur die Mannschaft, die Offiziere speisten im Restaurant. Die Kasernenküche befand sich im östlichen Erdgeschoss des heutigen Landratsamtes.

 

 

 

 

 

 

Feuerlöschübung: Mit Feuerlöschübungen bereiteten sich die Neustifter Soldaten auf den Ernstfall vor. Die Kaserne verfügte zwar über eine Löschpumpe, genauso aber kamen noch Löscheimer zum Einsatz, wie im Hintergrund zu sehen ist. Eine Rettungsleiter und ein Schlauchwagen vervollständigten das Inventar der Löschtruppe. Die Übung fand vor dem heutigen Altbau statt.

 

 

Kirchgang: Der Gottesdienstbesuch war fester Bestandteil des Kasernenalltags. In der benachbarten Neustifter Pfarrkirche St. Peter und Paul versammelten sich die Soldaten streng nach Dienstgraden getrennt. Im Chorgestühl durften die Offiziere und Unteroffiziere Platz nehmen, während die Kanoniere und Fahrer in den Kirchenbänken saßen.  In den hinteren Reihen betete die Neustifter Bevölkerung. Die Aufnahme zeigt noch das barocke, nach 1891 von Karl und August Kraft übermalte Hochaltarbild der Kirche. Das Gemälde ist verschollen.

 

 

 

Im Kasernenhof: Zum Exerzieren gehören die Ausbildung im Waffengebrauch, aber auch das Körpertraining. Im Vordergrund erlernen die Soldaten die richtige militärische Haltung beim Gehen, während im Hintergrund der Umgang mit dem Säbel geübt wird. Der öde Exerzierplatz war einst  ein blühender Klostergarten und ist heute wieder eine grüne Oase, die der Bevölkerung offen steht.

 

 

 

 

Schwieriger Weg: Das erlernte militärische Wissen wurde in Manövern unter realistischen Bedingungen vertieft. An den Neustifter Hängen lernten die Soldaten, wie man schwere Kanonengeschütze transportiert. Ort des Geschehens ist die Wegegabelung an der Grottenau 1 in Freising-Neustift.

 

Bericht von Bernd Feiler, Kultur und Heimatpflege

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